Griffe und Striche effizienter lernen: Pizzicato und Luftgeige

Gerade Anfänger sehen sich beim Geige oder der Bratsche lernen mit einer Vielzahl an neuen Herausforderungen konfrontiert. Das stetige Kontrollieren der Grundhaltungen und der Bewegungsabläufe, Notenlesen, Rhythmus und Metrum, Klang und Intonation — all dies bringt selbst Menschen, die ansonsten stolz auf ihre Multitasking-Fähigkeiten sein dürfen, rasch an ihre Grenzen.

Insbesondere die Aspekte Klang und Intonation spielen für viele Anfänger eine etwas zwiespältige Rolle. Denn regelmäßig ist zu beobachten, wie sich manch einer in den ersten Geigenstunden regelrecht an diesen beiden Problemstellungen „aufhängt“ und andere — selbst unmittelbar vor der Wiederholung einer bestimmten Passage als Übe-Ziel festgelegte — Aspekte, etwa das Erlernen eines bestimmten Griff- oder Strichmusters, völlig aus dem Fokus geraten.

Genauso wie im Sport hilft es demgegenüber, einzelne Problemstellungen/Bewegungsmuster zunächst zu isolieren und ihnen für einige Wiederholungen die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei sollte auch keine Scheu vor kreativen Lösungen bestehen. Regelmäßig rege ich meine Schüler beispielsweise zu zwei folgenden Tricks an:

Pizzicato — ohne Bogen ein Griffmuster „programmieren“

Es erschließt sich angesichts der rasenden Finger von Profi-Musikern vielleicht nicht auf den ersten Blick, aber die rechte Hand, die Bogenhand, „frisst“ beim Geige spielen den Löwenanteil der neuronalen Kapazitäten. Zupfen (pizzicato) ist demgegenüber eine weitaus weniger komplexe Bewegung und von Anfängern auf der Geige schnell gelernt. Um eine Abfolge von bestimmten Griffen auf der Geige, beispielsweise für ein einfaches Kinderlied, zu lernen, kann es die Effizienz stark erhöhen, wenn der Bogen zunächst zur Seite gelegt wird und die Abfolge gezupft wird.

Luftgeige — Striche und Abläufe effizienter lernen

Zugegeben: bei dieser Übung spielen wir nicht wirklich Luftgeige, denn wir halten sowohl die Geige als auch den Bogen in gewohnter Manier. Einzig der Bogen berührt beim Spielen die Saiten nicht, sondern schwebt ca. 5 cm darüber. Ansonsten soll alles andere korrekt — die Griffe und die Strichrichtungen sogar möglichst präzise — ausgeführt werden. Auf diese Weise lassen sich allfällige Störfaktoren, etwa Kratzgeräusche, ausschalten und die Aufmerksamkeit kann voll auf die spezifische Problemstellung gelenkt werden. Besonders gut eignet sich diese zweifellos sehr anspruchsvolle Methode (der Kopf darf rauchen) auch für die Vergewisserung bzw. das Training der Bogeneinteilung, also der Frage, wie viel Bogen ein Ton im Ablauf einer Passage bekommen soll.

Veröffentlicht von

Heinz

Heinz hat Violine und Viola in Wien studiert und ist als Geigen-, Bratschen- und Kammermusiklehrer tätig. Seine besondere Liebe gilt der Kammermusik, Franz Schubert und philologisch hervorragenden Notenausgaben. Nach mehr als einem Jahrzehnt in Deutschland (Heidelberg und Bamberg) lebt Heinz ab Herbst 2022 wieder in seiner Heimatstadt Wien.

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