Liebe Doris, wie hast Du zu Deinem Instrument gefunden?
Klavier und Blockflöte waren die Instrumente, die eine Freundin meiner Mutter unterrichtete, deshalb kam ich dazu. Aus einer nicht musikalischen Familie stammend, übte ich oder übte ich nicht, es störte weder das eine noch das andere. Ich mochte die Lehrerin und machte einfach weiter.
Was war für Dich die größte Herausforderung beim Klavier-Lernen?
Wenn ich neue Stücke lernte, war die größte Herausforderung für mich geduldig zu bleiben und zu akzeptieren, dass es immer wieder Stellen gab, über die ich schlafen musste, bis ich mit ihnen komplett vertraut war und sie beherrschte, trotz langer Beschäftigung. Das ließ mich manchmal unter Wutausbrüchen das Üben beenden oder ich machte unter Tränen weiter.
Dein schönster Moment auf der Bühne?
Wenn bei leisen Stellen, die Atmosphäre im Saal zu einer gewissen positiven Spannung mit Gänsehaut führt.
Dein peinlichster Moment auf der Bühne?
Als ich von herkömmlichen Noten auf das iPad umgestiegen bin – das Fußpedal noch nicht unter Kontrolle -bei einem Konzert plötzlich keine Ahnung mehr hatte, wo ich mich im Notentext befand, da ich statt dem Una-Corda-Pedal, das Pedal zum Umblättern gedrückt habe, welches in Windeseile ein paar Seiten umblätterte. Ich versuchte panisch wieder auf die richtige Seite zu kommen, was mir jedoch nicht gelang. Ich musste meinem Kammermusikpartner abbrechen, der keine Ahnung hatte, was das passiert war.
Kannst Du uns etwas über Deine Lieblingskomponistinnnen und -komponisten, Lieblingsmusikstile oder Lieblingsstücke erzählen?
Ich liebe die Abwechslung. Bei einem Konzert das wunderbare h-Moll Klaviertrio von Brahms (op. 8) zu spielen, für die nächste Probe Renaissance Musik mit meinem Blockflötenquartett „i flautisti“ vorzubereiten, Schumanns Klavierquintett zu üben oder eines von Antonio Vivaldis Blockflötenkonzerten mit Streichern und Basso Continuo zu präsentieren. Ich kann gar nicht sagen, was mir davon mehr Spaß bereitet – ich liebe das alles!
Gibt es besondere musikalische Wünsche, die Du in Zukunft noch verwirklichen willst?
Ja! Sich mit Kolleginnen und Kollegen beim Proben viel Zeit zu nehmen, um auf Entdeckungsreisen zu gehen, um verschiedene musikalische Varianten auszuprobieren. Und: Mir solistisch ein Programm zu erarbeiten, welches jederzeit abrufbereit ist.
Wie gestaltest Du eine typische Übe-Einheit auf Deinem Instrument?
Ich nehme mir für jede Übe-Einheit einen bestimmten Abschnitt vor, spiele alles sehr, sehr langsam, bis die Töne in den Fingern und im Voraushören sitzen. Probiere unterschiedliche Varianten der Phrasengestaltung aus, indem ich mir den Ablauf des harmonischen Grundgerüsts vorspiele.
Welchen Tipp würdest Du einem Anfänger auf dem [Instrument] geben, wenn Du ihn in der U-Bahn triffst?
Gar keinen, außer er fragt 🙂
Für Erwachsene: unbedingt weitermachen, und regelmäßig Unterricht besuchen, gerade auch dann, wenn man manchmal daran denkt, den Unterricht abzusagen, weil man keine Zeit zum Üben gefunden hat. Denn: Auch aus regelmäßigem Unterricht ergibt sich eine Routine, die einen weiterbringt, obwohl die Zeit des Übens des Instruments neben dem Berufsleben oft ziemlich begrenzt ist.
Bei Kindern: bei jeder Übe-Einheit die Takte vorher heraussuchen, die mehr Aufmerksamkeit benötigen. Diese sollen zuerst geübt werden, dann erst das Stück durchspielen.
Doris‘ Tipp: Wie kann ich Akkorde und Harmonien am Klavier besser ausbalancieren?
Akkorde oder Harmonien klingen manchmal am Klavier recht dünn, vor allem jene, die über drei Töne hinausgehen, da Tasten nicht ansprechen. Der Versuch, mit aller Kraft und Verspannung alle Tasten zum Klingen zu bringen ist meistens nicht von Erfolg gekrönt.
Besser ist es, den Akkord zunächst auf beide Hände locker aufzuteilen und in der im Stück gerade vorgeschriebenen Lautstärke anzuschlagen. Der Gesamtklang kann auch gerne arpeggiert werden, d. h. die Töne werden nacheinander gespielt. Denn dabei fällt es oft leichter die Aufmerksamkeit auf einzelne Töne zu lenken. Diese versucht man nachzusingen. Falls dies nicht auf Anhieb gelingt, kann die entsprechende Taste nochmals angeschlagen werden. Also: anschlagen – nachsingen – und zuhören. Den Akkord gerne immer wieder anschlagen und wieder denselben Ton singen, bis man ihn „innerlich hört“. Unbedingt Zeit nehmen, um zu reflektieren, wie es sich anfühlt: z. B. leicht, reibend, anstrengend, etc. Die Stimme sollte dabei auch an die Lautstärke des Gespielten angepasst sein. Bei Dissonanzen hat man dabei oft ein „vibrierendes“ Erlebnis. Nach mehrmaligen Probieren sind die Ohren auf diese Klänge geschult und der Akkord klingt häufig mühelos und vollständig ausbalanciert. Und dies allein durch die Vorstellungskraft…