Von Bratschen und Hornissen

Dass die Geige eine etwas weniger populäre größere Schwester hat, ist bisweilen nur wahren Musikliebhabern bekannt. Dabei ist die Bratsche, auch Viola genannt, in der Musikwelt ziemlich präsent — so gut wie kein berühmtes Orchesterwerk kommt ohne sie aus, in der Kammermusik wird sie überwiegend eingesetzt und sogar als Soloinstrument hat sie sich im Laufe des 20. Jahrhunderts etabliert.

Eine sehr friedfertige und eher seltene Art

Ein Grund für den Bekanntheitsgrad oder besser den Unbekanntheitsgrad der Bratsche mag neben ihrer häufig zurückhaltenden musikalischen Funktion — defensives Mittelfeld — tatsächlich die große Ähnlichkeit mit der Geige sein. Es sind zumeist aufmerksame Betrachter, die den optischen Hauptunterschied — die Größe — von sich aus bemerken. Eine Quinte (fünf Tonschritte) tiefer gestimmt, ist die Bratsche etwa 15% größer als die Geige. Spieltechnisch und klanglich unterscheidet sie sich eher durch Subtilitäten.

So formulierte ein scharfer Beobachter, ein noch sehr junger Musikus, am Ende einer Musikwoche — die streicherische Allgemeinbildung wurde von den Dozenten offensichtlich aufs schändlichste vernachlässigt — seine Erkenntnisse zur Bratsche folgendermaßen: „Wenn man sich die Geige als Wespe vorstellt, dann kann man doch sagen, dass die Bratsche eine Hornisse ist.“

Veröffentlicht von

Heinz

Heinz hat Violine und Viola in Wien studiert und ist als Geigen-, Bratschen- und Kammermusiklehrer tätig. Seine besondere Liebe gilt der Kammermusik, Franz Schubert und philologisch hervorragenden Notenausgaben. Nach mehr als einem Jahrzehnt in Deutschland (Heidelberg und Bamberg) lebt Heinz ab Herbst 2022 wieder in seiner Heimatstadt Wien.

3 Gedanken zu „Von Bratschen und Hornissen“

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